47- ZURÜCK AM POLARKREIS
22.9.2019, katrin[at]lightriders[dot]info, martin[at]lightriders[dot]info
Unsere Route

18.9.2019
Die kalte Nordströmung bringt Sonnenschein und kühle Temperaturen (5°C untertags, -3°C nachts) nach Sallatunturi und dem restlichen Teil Lapplands. Das schöne Wetter nutzen wir für einen Spaziergang im angrenzenden Wanderwegenetz durch Sumpf und Wald vorbei an Lavvus und Seen.

Nach einem frühen Abendessen und pünktlich zum Sonnuntergang machen wir uns auf den Weg. Wir wollen auf den Piene Pyhätunturi- dem Haus- und Schiberg von Sallatunturi. Es ist eine klare Nacht vorausgesagt und da wir uns immer weiter südwärts bewegen, wollen wir die Chance auf eine Nordlichtsichtung nicht verpassen. Die Vorhersage ist nicht vielversprechend, aber versuchen wollen wir es trotzdem und wandern die Forststraße hinauf. Um etwa 19Uhr oben angekommen, weht uns ein eisiger Nordwind um die Nase. Wohlweislich haben wir vorgesorgt und uns nach Marke Michelinmännchen schichtenweise in die mitgeschleppten Kleidungsstücke eingemummelt. Reihenfolge: Wolle, Daune, Regen/Windstopper und immer in Bewegung bleiben. So warten wir ab, bis das orangefarbene Dämmerungslicht langsam verschwindet. Im Nordosten taucht hinter den Bergen groß und orange der Mond auf.

Trotzdem entgeht uns nicht das glimmernde Nordlicht, das zaghaft am Himmel erscheint.

Dämmerung, Mond und Nordlicht. Das kann man wohl nur zu dieser Zeit im Jahr sehen.

Um 22:00 beschließen wir nach nochmaligem Check der Sonnenwindparameter wieder abzusteigen. Das Nordlicht begleitet uns.

Unten hat es -2°C. Nichts wie zurück in die warme Hütte.

19.9.2019
Heute scheint wieder die Sonne. Auf der Wiese vor der Hütte glitzert nicht nur der Raureif, auch zwei Hasen genießen ihr Frühstück. Das Thermometer zeigt 0°C. Dementsprechend schnell radeln wir los um auf Betriebstemperatur zu kommen. Es geht auf der 950er durch die typische Landschaft: hügeliger Föhrenwald gespickt mit farbenfrohen Birken. Nach 32km machen wir Kaffeepause im Besucherzentrum des Oulangen Nationalparks. Hier verlassen wir auch die Breiten des Weihnachstmannes- wir unterschreiten Napapiiri- den nördlichen Polarkreis.

Wir radln weiter durch die herbstliche Landschaft in Richtung Käylä.

Dort versorgten wir uns im Supermarkt- das Sommercafé hatte heute leider schon zu. Wir beschlossen noch weiter Richtung Ruka zu fahren, da dies ebenfalls ein Schiort ist. Dort sollte sich doch eine beheizte Unterkunft auftreiben lassen. Nach insgesamt 71km schwenken wir auf einen Campingplatz ein. Der hat heute den letzten Tag geöffnet, morgen wird die Sommersaison beendet. Wir mieten uns eine minimalistische Hütte im Wald am See. Während ich mich um die heissen Getränke (Tee) und das Beheizen der Hütte kümmere, macht Martin in der Feuerstelle ein kleines Feuer. Heute gibts Grillwürstl und Grillkäse. Während er versucht die Flammen des feuchten Holzes am Leben zu erhalten, zieht ein kurzer Schneeschauer über uns. Der Regenschirm schützt nicht nur Martin vor der Nässe, sondern auch das Feuerchen.

Mit eiskalten Füßen und bei um die 0°C grillen wir uns die Würstl.

Dann machen wir es uns in der endlich warmen Hütte gemütlich. Die Sanitäranlagen sind unbeheizt- duschen wird daher gestrichen.

20.9.2019
Kalt aber sonnig begrüßt uns der Tag.

Für heute haben wir nur eine kurze Etappe nach Kuusamo geplant. Wir müssen unsere Vorräte aufstocken und unsere Route, die dann durch eher dünn besiedeltes Gebiet- hinsichtlich Supermarkt und wintertaugliche Quartiere- führt, genauer vorausplanen und recherchieren. Vorwiegend führt uns unser Weg auf der stark befahrenen Hauptstraße 5 nach Ruka. Dort können wir zwar für kurze Zeit die Hauptstraße umfahren, dafür gabs aber ein paar Bergwertungen. Nach 35km erreichen wir Kuusamo und zweigen sofort auf einen Radweg ab. Was für ein Glück, der führt geradewegs bei einem Kaffeehaus vorbei das frisches, lokales Gebäck anbietet. Das lassen wir uns nicht entgehen und da es ja noch recht früh ist, genießen wir die Zeit und etwas Süßes dort. Weiter geht es in ein Keramikstudio. Leider kann ich keine der netten Keramiksachen mitnehmen. Dafür leiste ich mir handgestrickte Socken und Legwarmers- gemacht hier in Kuusamo. Gerne würde ich auch das Rentierfell mitnehmen- das ist kuschelig weich und sehr warm- könnte nicht schaden falls wir wieder im Zelt übernachten müssten. Aber wohin soll ich das denn packen? Also bleibt es bei den Socken und den Legwarmers. Der nächste Weg führt ins Einkaufszentrum. Dort soll es einen Outdoorladen geben. Wir wollen gerne für alle Fälle eine Flasche Benzin für unseren Kocher besorgen. Aber leider gab es dort nix. Wir stehen wieder vor dem gleichen Problem wie zu Beginn in Norwegen. Dort haben wir allerdings eine Lösung gefunden. Für alle Interessierten, die mit einem Benzinkocher nach Norwegen fahren wollen: Dort bekommt man in fast jedem Sportgeschäft das Primus Powerfuel. Das funktionierte sehr gut mit unserem Benzinkocher. In der Beschreibung auf der Flasche steht zwar unter anderem "Petroleum", die Geruchsanalyse des Powerfuels ergab aber Waschbenzin. In kleinen ländlichen Superkmärkten in Norwegen bekommt man auch Benzin für den Rasenmäher oder die Kettensäge in 1L Flaschen ("Alkylatbensin, 4-takt"), das funktionierte sogar noch besser als das Powerfuel (und war auch billiger). Hier in Finnland riet man uns, im Baumarkt nach zu fragen. Das machen wir morgen. Im Supermarkt kaufe ich mir noch Filzeinlagen für meine Schuhe, die für die kalten Temperaturen etwas adaptiert werden müssen. Martin testet die Einlagen bereits zwei Tage lang und hat sie für gut befunden. Wir werden sehen ob die auch gegen meine Eiszehen ankommen. Telefonisch fragen wir bei einem familienbetriebenen, kleinen Hotel an, ob es noch ein Zimmer gibt. Ja, wir haben Glück. Wir fahren gleich vorbei und beziehen ein wunderbares, riesiges Zimmer bei einer sehr netten Dame im Zentrum von Kuusamo. Wir genießen eine heiße Dusche, ein Abendessen im Pub gegenüber und dann ein warmes, kuscheliges Bettchen. Kuusamo ist nach längerer Zeit mal wieder eine größere Stadt, so richtig mit Verkehrsampeln und mehrspurigen Straßen.  Zuletzt haben wir das in Tromsø gesehen, das ist schon eine Zeit lang her.

21.9.2019
Nach einem Frühstück inklusiver Finnischlektion 1 für AnfängerInnen- Guten Morgen heißt Hyvää huomenta- schaffen wir es um 9:45 los zu fahren. Und das obwohl wir bereits im Supermarkt waren um unsere Essensvorräte zu sichern. Nachdem ein Baumarkt auf unserem Weg liegt, machen wir noch einen Zwischenstopp und suchen dort Benzin für unseren Campingkocher. Auch hier waren wir nicht fündig. Die Alternative: 4-Takt Benzin für Rasenmäher etc. gibt es nur in 5l Kanistern. Das ist doch etwas übertrieben. Naja, macht nix. Noch haben wir genug und momentan weichen wir ja sowieso auf Hütten aus und brauchen keinen Kocher. Dafür kaufe ich mir eine platzsparende Alternative zu meiner Warnweste die sich bei Regen nicht gleich großflächig vollsaugt. Schlußendlich starten wir um 10:15 bei Sonnenschein aus Kuusamo. 18km müssen wir uns die Hautpstraße 5 mit einigen Autos teilen. Die finnischen StraßenbenutzerInnen weichen leider nicht ganz so großzügig aus wie wir es von Norwegen gewohnt sind. Bei Geschwindigkeiten von 80 oder 100km/h- der Autos- wäre ein größerer Abstand zu uns von Vorteil. Wir sind froh, als wir endlich die Hautpstraße verlassen können und auf der sehr ruhigen 843er nach Hossa rollen. Wir machen nur eine kurze Pause am Poussujoki und dem ersten rollstuhlgerechten Angelplatz den ich in meinem Leben gesehen habe.

Die Sonne scheint und wir radln flott dahin. Die Landschaft ist unverändert.

Erst als wir den Hossa Nationalpark entlang fahren, verschwinden die Birken und ein reiner Föhrenwald mit sandigem Boden säumt unseren Weg. Hossa ist unser heutiges Ziel. Unser erster Versuch eine Hütte oder ein Zimmer zu bekommen scheitert. Es ist Samstag und schönes Wetter angesagt- da scheint hier auf den Campingplätzen noch viel los zu sein. Wir versuchen unser Glück 100m weiter am nächsten Campingplatz. Es gibt noch eine letzte Hütte- die Kleinste.

Dafür erste Reihe fußfrei am See.

Ein Stockbett, ein kleiner Tisch, zwei Hocker, ein Kühlschrank und zwei Herdplatten. Und eine Heizung! Mehr brauchen wir ja eigentlich gar nicht. Das Mini-Mökki wird bezogen und wir genießen einen warmen Tee. 76km haben wir heute geschafft. Die Filzeinlagen in den Schuhen haben was gebracht- es bedarf aber noch genauerer Beobachtung. Heute vor genau sechs Monaten haben wir übrigens unsere Reise begonnen- kaum zu glauben wie schnell die Zeit vergeht.

22.9.2019
Nachdem wir unsere Minihütte ordnungsgemäß zusammengeräumt und ausgekehrt haben, mache ich mich auf den Weg zu der Müllstation am Campingplatz. Hier wird fein säuberlich Müll getrennt und das mache auch ich sorgfältigst. Mit Martin wollte ich mich bei der Rezeption treffen. Weit bin ich nicht gekommen. Als ich mein Rad schnappen und von der Müllstation los fahren wollte, hüpfte eine Finnin hinter einem Wohnmobil hervor und fragte mich woher ich komme, wohin ich fahre und ob sie denn ein Foto von mir machen könnte. Wir suchten einen geeigneteren Hintergrund als die Müllcontainer und ich musste einmal mit und einmal ohne Wolltuch bis über die Nase gezogen posieren. Mein Fahrradfrontmuppet war kein minder beliebtes Fotomotiv. Bald kam auch noch die Schwester, soweit ich das richtig verstanden habe, dazu. Und damit die Partie komplett ist, gesellte sich auch noch Martin zu unserer Damenrunde. Wir durften posieren und die zwei lieben Frauen waren so begeistert von uns, dass eine im Wohnwagen verschwand da sie uns noch etwas mitgeben wollte. Sie kam mit einer Tafel Schokolade wieder zurück.Wir verabschiedeten uns von den herzlichen Finninnen und radelten zur Rezeption um den Schlüssel zu retournieren.Wir haben ja einen richtigen Fanclub hier, meinte der Besitzer. Wir plauderten noch ein bißchen mit ihm und er wünschte uns eine gute Fahrt. Für uns ist heute eine längere Etappe bis Suomussalmi geplant. Martin schaffte es die Routenführung der gesamten 96km auf Forst- oder Nebenstraßen zu legen. So radelten wir mit nur zwei kurzen Pausen zur Nahrungsaufnahme bei eher bewölktem Himmel durch die finnische Landschaft.

Es ging einen sanften Hügel hinauf und gleich wieder hinab, um in der Senke über einen See,Sumpf oder Fluss zu fahren.

Hinter der Senke wartete gleich wieder der nächste kleine Gupf aufs Hinaufradln. So fuhren wir bei Rücken- oder Seitenwind nach Suomussalmi, wo wir sogleich das Hotel anpeilten. Es stand zwar in Leuchtschrift "OPEN" geschrieben, aber offensichtlich war niemand da. Unter der angegebenen Rufnummer hob niemand ab. So griff Martin nach einem Trick und buchte online ein Zimmer- vielleicht kam dann ja jemand vorbei. Ich rief nochmals an und siehe da eine Dame meldete sich. Sie wäre in 10min hier. Passt. Wir bekamen unser Zimmer und für mich wurde die Sauna angeheizt. Ein angenehmer Ausklang für den Tag und unsere 96km Etappe; abgesehen von der Schokolade der Finninnen die wir gleich noch verputzt haben.

Gesamtkilometerstand: 7807km

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