UNSERE TIPPS FÜR EINE ERFOLGREICHE NORDLICHTSICHTUNG

Zum Einstieg eine kleine Anekdote von unserem allerersten Nordlichturlaub:

Es war eine klare Nacht und wir saßen in unserem gemütlichen Häuschen in der Nähe von Tromsø. Grundsätzlich also gute Voraussetzungen für eine Nordlichtbeobachtung. Ab und zu schauten wir beim Fenster hinaus, vom Nordlicht war allerdings keine Spur zu sehen und wir scherzten noch „Wahrscheinlich ist das Nordlicht gerade genau über unserer Hütte und wir können es aus dem Fenster nur nicht sehen“… Minuten später klopft es an unserer Tür. Es war unser netter Vermieter und er wollte uns nur fragen ob wir schon das Nordlicht gesehen haben, das gerade über unserer Hütte über den Himmel tanzt. Wir sind natürlich sofort hinaus gestürzt, schließlich hatten wir noch nie ein Nordlicht gesehen, und da war sie wirklich, die Aurora borealis.  Eine prachtvolle noch dazu und natürlich genau über unserem Häuschen. Wer weiß, wie lange sie da oben schon herum getanzt ist während wir in der Hütte gesessen und dumme Witze gemacht haben.


Nützliche Hinweise für die Nordlichtsichtung

Unser erster Anfängerfehler

Im Haus sitzen zu bleiben und nur ab und zu aus dem Fenster zu sehen, vielleicht auch noch in die falsche Richtung, ist- wie wir feststellen mussten- für eine erfolgreiche Nordlichtsichtung nicht ausreichend. In der Zwischenzeit hätte es sich noch ein paar Mal wiederholt aber seit damals wissen wir es besser. Von drinnen ist  nichts zu sehen, man tritt aus der Tür hinaus, dreht sich um, blickt über das Haus in den Himmel und da sieht man plötzlich die riesigen Strahlen, die aus dem Himmel Richtung Boden schießen. Die erste Regel lautet also: Man muss so oft wie möglich hinaus gehen und den ganzen Himmel nach Nordlicht-Anzeichen absuchen. Das ist einfach durch nichts zu ersetzen, weder durch einen Blick aus dem Fenster noch durch eine Polarlichtprognose im Internet.

Innenbeleuchtung dimmen, Außenbeleuchtung abschalten

Natürlich ist es auch in Ordnung nicht alle zwei Minuten hinaus zu laufen, sondern ab und zu nur aus dem Fenster zu sehen, das ist besser als gar nichts. Hier sollte man aber darauf achten, dass die Innenbeleuchtung ausreichend gedimmt ist. Im Schein einer zu hellen Innenbeleuchtung kann in einem Fenster ein schwaches Nordlicht ohne Probleme überstrahlt werden. Von innen ist dann nichts zu sehen und wenn man hinaus geht bemerkt man plötzlich, dass am ganzen Horizont schon ein schwaches grünes Leuchten sichtbar ist. Eine vorhandene Außenbeleuchtung sollte natürlich abgeschaltet werden bzw. gar nicht erst eingeschaltet werden. Das Risiko, dass man mit dem abgedunkelten Haus bei seinen Nachbarn im hohen Norden etwas an Respekt einbüßt muss man einfach in Kauf nehmen.

Warnzeichen für einen bevorstehenden Polarlichtausbruch

Erste Anzeichen für eine Nordlichtaktivität

Nach welchen Anzeichen sollte Ausschau gehalten werden?

Eine typische Nacht mit Polarlichtaktivität beginnt mit einem schwachen Polarlichtbogen oder einem Band am Horizont in nördlicher oder nordöstlicher Richtung. Hier darf man sich nicht täuschen lassen, schwaches Polarlicht kann leicht mit einer Wolke oder einem Dunstschleier verwechselt werden. Auch darf man sich keine intensive grüne Färbung erwarten. Mit dem Auge erscheint ein schwaches Polarlicht daher eher weißlich oder gräulich. Man kann mit dem Fotoapparat ein Testfoto schießen, um zu sehen ob die vermeintliche Wolke eine grüne Färbung aufweist. Der Fotoapparat weist in dieser Hinsicht eine viel höhere Empfindlichkeit auf als das menschliche Auge. Wenn auf dem Foto eine grüne Farbe zu sehen ist, handelt es sich tatsächlich um Polarlicht, bei weißer oder oranger Färbung hingegen handelt es sich um eine Wolke. Weitere Anzeichen, die für ein Polarlicht sprechen sind zum Beispiel wenn sich die „Wolke“ über Stunden nicht bewegt und immer an der gleichen Position am Himmel verharrt oder wenn sie sich wolkenuntypisch bewegt, zum Beispiel plötzlich verschwindet und dann wieder auftaucht.

Warum ist es wichtig, ob irgendwo am Horizont ein schwaches Polarlicht „herumdünstelt“?

Das ist deswegen interessant, weil es bedeutet, dass in dieser Nacht eine gewisse Grundaktivität gegeben ist. Mit einer Aktivitätssteigerung kann daher jederzeit gerechnet werden. Ein Anzeichen für eine Aktivitätssteigerung ist zum Beispiel wenn das Nordlicht anfängt sich Richtung Süden auszubreiten und auch im Zenit oder vom Beobachtungsposten aus gesehen sogar im Süden erscheint. Dieses Nordlicht ist oft noch statisch mit wenig Bewegung und eher diffus ohne scharfe Abgrenzungen.

Anzeichen, die einen bevorstehenden Polarlichtausbruch andeuten können

Ich möchte hier zunächst betonen, dass es sich dabei um unsere persönliche Erfahrung handelt und wir kennen auch keine anderen Quellen die unsere Beobachtungen bestätigen aber wir möchten sie hier trotzdem kundtun. Vielleicht ist es ja wirklich für jemanden hilfreich, ansonsten kann es ja auch nichts schaden (es kann höchstens passieren, dass sich jemand umsonst in der Kälte die Beine in den Bauch steht). Also, unserer Erfahrung nach kann es vorkommen, dass sich zwischen oder in den diffusen Nordlichtbändern plötzlich lange Strahlen, sogenannte „Rays“ bilden. In antiken oder mittelalterlichen Texten ist bei Nordlichtbeschreibungen manchmal von „Lanzen“ die Rede. Ich kann mir gut vorstellen, dass damit diese Strukturen gemeint waren. Gut, dass das Auftreten von Rays auf eine höhere Polarlichtaktivität hinweist, dafür gibt es auch neuzeitliche Quellen. Aber es geht weiter. Diese Rays können wirklich am Himmel quasi aus dem Nichts plötzlich „aufpoppen“.  Einzelne Rays können schon mal erscheinen und wieder verschwinden, bei folgendem Phänomen ist aber unmittelbarer Nordlichtalarm angesagt: Wenn man nun beobachtet wie plötzlich mehrere solcher Rays am Himmel in einer Linie liegend und mit regelmäßigem Abstand zueinander aus dem Nichts erscheinen und das Nordlicht beginnt, die einzelnen Rays miteinander zu verbinden, dann empfehle ich die Kamera schussbereit zu haben inklusive der abgearbeiteten Checkliste aus dem Abschnitt „Fototechnik“ und etwaige Reisebegleiterinnen und -begleiter zu alarmieren. Manchmal sind es auch keine Rays sondern fleckenförmige Gebilde die eher wie Flämmchen aussehen welche plötzlich erscheinen und zu intensiven Nordlichtstrukturen „heranwachsen“ können. Natürlich ist auch hier keine 100%ige Erfolgschance garantiert. Manchmal schafft es das Nordlicht nicht „zu zünden“ und die ganze Struktur inklusive Rays verpufft wieder und löst sich auf.

Anzeichen für erhöhte Polarlichtaktivität: Die Ausbildung von Ray-Strukturen (Pfeile).

Ein weiterer Hinweis auf eine hohe Polarlichtaktivität ist folgendes Szenario: Manchmal taucht die Aurora ungefähr zur gleichen Uhrzeit mehrere Nächte hindurch immer an der gleichen Stelle am Horizont auf. In der folgenden Nacht bemerkt man aber, dass sich die Aurora zu dieser Uhrzeit bereits viel näher oder sogar schon über dem Haus befindet. Das weist darauf hin, dass das Polarlichtoval in dieser Nacht bereits eine größere Ausdehnung besitzt als die Nächte davor und mit einem intensiveren Polarlichtausbruch kann in dieser Nacht gerechnet werden. Auch hier gilt natürlich wieder: Ausnahmen bestätigen die Regel.
Ein zuvor eher unscheinbares und diffuses Nordlichtband kann auch plötzlich beginnen, sich zu einem schmalen und scharf begrenzten Band zusammen zu ziehen, ja sich regelrecht zu einem schmalen und hell leuchtenden Lichtband zu konzentrieren, das sich schnell über den Himmel bewegt. Auch Rays können in diesem Band plötzlich auftauchen und die vertikale Ausdehnung kann sich erhöhen. Das Band kann sich auch in mehrere Bänder aufsplitten und wellenförmige Bewegungen durchführen. Die Helligkeit kann hier sehr schnell sehr stark ansteigen. Wenn man also bemerkt dass sich zuvor eher diffuse Bänder zu scharf begrenzten und dichten Bändern verwandeln ist dies auch ein Zeichen, das ein intensiver Polarlichtausbruch bevor stehen kann.

Unmittelbar bevorstehender Polarlichtausbruch: Zuerst war das Nordlichtband einzeln und eher unscheinbar. Es war trotzdem schon verdächtig, weil es im Vergleich zu den Nächten davor an einer anderen Stelle aufgetaucht ist und sich bereits viel näher befand. Plötzlich begann es sich in mehrere Bänder zu verbreitern, schlangenförmige Bewegungen auszuführen und immer näher zu kommen. Auf der linken Seite sind auch Ray-Strukturen zu erkennen (Pfeile). Eine Minute später war der Himmel bereits voller Nordlicht (rechtes Bild).

Intensive Polarlichtaktivität

Was ist bei einem intensiven Polarlichtausbruch zu erwarten?

Zunächst kann es einen erstaunlichen Zuwachs an Helligkeit geben. Details in einer zuvor finsteren Landschaft können deutlich wahrgenommen werden und wenn man sich in einer Schneelandschaft befindet, kann diese plötzlich beginnen, das Polarlicht zu reflektieren und grün aufzuleuchten. Dieser Effekt ist natürlich in einer mondlosen Nacht besonders deutlich.
Die dominanten Farben sind grün, weiß und rosa. Mit freiem Auge liegt die Betonung eher auf weiß und rosa, die grüne Farbe ist auf Fotografien oft deutlicher zu sehen. Es können sich mehrere Bänder ausbilden die über den ganzen Himmel reichen und sich schnell bewegen. Auch innerhalb der Bänder gibt es oft eine beeindruckende „Flimmerbewegung“ die auch die Richtung ändern kann und es können sich scharf begrenzte Strahlenstrukturen mit großer vertikaler Ausdehnung bilden. Wenn man sich direkt unter einem Band befindet kann sich auch eine Polarlichtkorona ausbilden. Das ist eine besonders beeindruckende, „kaleidoskopartige“ Form das Polarlicht zu erleben. Die Strahlen scheinen alle aus einem Punkt auszugehen und man kann eine fließende Bewegung  des Polarlichts bewundern die unserer Erfahrung nach nur bei einer Korona zu beobachten ist. Bei einer Polarlichtkorona handelt es sich jedoch um ein perspektivisches Phänomen und nicht um eine eigene Struktur. Man sieht hier praktisch auf die Unterseite eines Nordlichtbandes. Bei dem Eindruck, die Strahlen des Nordlichts würden in einem Punkt zusammen laufen handelt es sich um eine optische Täuschung. In Wirklichkeit verlaufen die Strahlen parallel, der Eindruck dass diese in einem Punkt zusammen laufen entsteht durch die enorme Länge der Strahlen, die Hunderte Kilometer betragen kann! Ähnlich wie bei Eisenbahnschienen die sich auch in der Entfernung zu berühren scheinen. Einem weit entfernten Beobachter würde sich stattdessen ein Nordlichtband von der Seite zeigen. Bei einem intensiven Ausbruch kann das Polarlicht über den ganzen Himmel „auseinander fließen“ und man weiß letztendlich gar nicht mehr an welche Stelle des Himmels man nun seinen Blick richten soll.

Typisches Erscheinungsbild eines intensiven Polarlichtausbruchs (1): Diese Bänder besitzen in der Regel keine hohe vertikale Ausdehnung, können sich dafür aber sehr schnell bewegen und auch eine charakteristische Flimmerbewegung zeigen. Typisch ist auch die deutliche rosa Färbung an der Unterseite der Polarlichtbänder, diese ist auch mit freiem Auge gut zu erkennen. Die grüne Farbe dagegen erscheint mit dem bloßen Auge betrachtet eher weißlich.
Typisches Erscheinungsbild eines intensiven Polarlichtausbruchs (2): Hier besitzen die Bänder eine höhere vertikale Ausdehnung. Manchmal sind in den höheren Regionen Farben wie Rot und Violett bis zu Blau vorhanden, die ihre ganze Pracht aber meistens erst am Foto einer Digitalkamera offenbaren. Diese Struktur wird auch als Polarlichtvorhang bezeichnet. Die Bewegungen sind hier eher sanft und gemächlich, ähnlich einem Vorhang, der sich im Wind bewegt.

Ende der Vorstellung

Nach intensiven Polarlichtausbrüchen ist oft ein Großteil oder der ganze Himmel mit einem glimmernden Polarlichtdunst ausgefüllt. Mit freiem Auge sieht es aus wie ein feiner Schleier aus Hochnebel, die Dichte kann flecken- oder schlierenförmig variieren. Manchmal sind auch große pulsierende Flecken zu sehen, diese verschwinden kurz und tauchen rasch wieder auf. Oft ist das Erscheinen des Polarlichtdunstes ein Zeichen dafür, dass die Polarlichtvorstellung für diese Nacht beendet ist.

Erscheinungsformen, die typisch für den Polarlichtdunst sind: Links eher fleckenförmig, rechts schlierenartig. Dieser glimmernde Dunst kann oft einen Großteil des Himmels bedecken und markiert meistens das Ende der Polarlichtaktivität für diese Nacht.

Sonstige Tipps & Tricks um das Nordlicht nicht zu verpassen

Das Nordlicht befolgt nur eine Regel, nämlich dass es keine Regeln befolgt. Es kann schon den ganzen Abend brav ankündigen, dass es heute loslegen wird und tut es dann auch tatsächlich. Oder doch nicht. Genauso gut kann ein unscheinbares Nordlicht plötzlich „das Licht aufdrehen“ und sich zu einer fulminanten Korona entwickeln. Es kann dann alles sehr schnell gehen. Sehr schnell kann es aber auch wieder vorbei sein. Wenn man sich an einen bestimmten Ort zur Nordlichtbeobachtung begeben hat und dort sowieso die ganze Zeit draußen verbringt um darauf zu warten ist das weniger ein Problem. Aber in einem Häuschen kann man so einen Ausbruch schon mal verpassen wenn nicht gerade jemand zufällig draußen Ausschau hält.

Der zweite Anfängerfehler

Der erste Anfängerfehler war, ungenügend Ausschau nach dem Nordlicht zu halten. Hier kommt der zweite Anfängerfehler: Man sollte sich keinesfalls darauf verlassen, dass das Nordlicht auf einen wartet und beginnen sich gemütlich anzuziehen wenn ein Anstieg der Aktivität bemerkt wurde. Denn wenn man es dann geschafft hat und endlich vor die Tür tritt kann schon wieder alles vorbei sein. Hier sollte man sich also keine Zeit lassen. Wir haben unsere Kleidung in der Regel schon griffbereit vorbereitet. Meistens auch mehrere Kleidungsstücke schon ineinander gesteckt, so dass man sich mit einem Griff gleich zwei Jacken auf einmal überzieht und in zwei Hosen gleichzeitig „hinein springt“. In den Jackentaschen sind auch bereits Ersatzakkus, Stirnlampe, Haube und Handschuhe verstaut. In die Schuhe wird nur schnell hineingeschlüpft, zubinden kann man sie später immer noch, falls das nötig sein sollte. Die Kamera wartet natürlich schon draußen auf ein Stativ montiert auf ihren Einsatz.

Technische Tricks für die Nordlichtsichtung

Heutzutage kann man sich auch mit technischen Tricks behelfen, um kein Nordlicht zu verpassen. Wir haben beispielsweise immer zwei Walkie-Talkies mit. Damit kann man sich, wenn man auf Nordlichtbeobachtungsposten ist auch schon mal etwas weiter weg von der Unterkunft bewegen. Trotzdem kann sofort eine Meldung durchgegeben werden wenn man Anzeichen für eine Aktivitätssteigerung bemerkt. Walkie-Talkies haben sich schon öfters bewährt und nicht nur zur Nordlichtbeobachtung, sondern zum Beispiel auch wenn man mit mehreren Autos gleichzeitig unterwegs ist. Es ist auch möglich, eine Kamera mit Zeitrafferfunktion vor das Haus zu stellen und diese in die übliche verdächtige Richtung fotografieren zu lassen. Die Bilder lässt man sich dann zum Beispiel  auf ein Tablet ins Haus schicken. Bei einer modernen Kamera ist das durchaus möglich. Hier hat man dann die Entwicklung der Nordlichtaktivität jederzeit im Auge. Gerade an dem Abend kommt das Nordlicht aber vielleicht genau aus der anderen Richtung. Natürlich ist heutzutage auch das Internet eine große Hilfe, um das Nordlicht aufzuspüren. Wenn man dieses intensiv nutzen will (und in diesen Zeiten will das wahrscheinlich jeder) sollte man sich nach einer Unterkunft inklusive W-LAN umsehen. Auf den einschlägigen Websites über Nordlichtprognose findet man auch zahlreiche Webcams für die Nordlichtbeobachtung. Wenn nun das Bild der All-Sky-Kamera in Tromsø voll mit Polarlicht ist und man von Tromsø vielleicht 30 km entfernt ist, ja dann sollte man vielleicht einen Blick nach draußen riskieren.

Fehlalarme

Fehlalarme sind natürlich nicht auszuschließen und es kann nichts schaden zu Beginn in der Reisegruppe klar zu kommunizieren ob man es bevorzugt kein Nordlicht zu verpassen, dafür aber auch ein paar Fehlalarme in Kauf nimmt oder ob man es etwas ruhiger angeht und vielleicht den einen kurzen Nordlichtausbruch verpasst. Immerhin handelt es sich ja doch meistens um einen Urlaub, der der Erholung dient und sollte deshalb keinesfalls in Stress ausarten.

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