46- LAPPLAND ZU ZWEIT
17.9.2019, katrin[at]lightriders[dot]info, martin[at]lightriders[dot]info
Unsere Route

Gemeinsam mit Julia und Harald genossen wir eine knappe Woche in einem äusserst idyllischen Haus an einem Teich in Saariselkä.

Die Zeit vertrieben wir uns je nach Lust und Laune. Meist schliefen wir lange und saßen gemütlich beim Frühstück- oder eher Brunch. Danach machte jede/r worauf er/sie Lust hatte. Wir hatten Glück mit dem Wetter, denn die Temperaturen waren eher mild, und die Sonne schaute auch immer wieder mal vorbei. Ideal um das hervorragende Wegenetz, die Natur und die gute Luft zu genießen.

Martin hatte noch lange nicht genug vom Radln und bewegte sich vorwiegend auf zwei Rädern um und durch den Urho Kekkonen Nationalpark oder machte den Bike Park unsicher. Ich zog die Fortbewegung auf zwei Beinen vor und erkundete gemeinsam mit Julia und Harald zu Fuß oder joggend die Landschaft. Abends schwitzten wir eine Runde in der hauseigenen Sauna und kühlten uns anschließend im Teich ab. Wie immer in unseren gemeinsamen Urlauben statteten wir dem örtlichen Café einen Besuch ab und kochten uns immer etwas Gutes. Von Spaghetti mit Rentier-Bolognese über italienische Minestrone und Pizza bis hin zu frisch gebackenen Waffeln und Kanelsnurrern.

Wir haben die Zeit genossen und uns erholt.

13.9.2019
Heute heißt es Abschied nehmen von unserem "Urlaub" einerseits und andererseits von unserer Begleitung. Julia und Harald reisen wieder zurück nach Wien, während wir uns mit den Rädern ebenfalls in Richtung Heimat und damit südwärts begeben. Nach einem gemeinsamen Frühstück im Supermarktcafé müssen wir uns verabschieden.

Nachdem wir unseren Essensvorrat wieder aufgestockt haben, und sogar Turmat hier im Outdoorshop bekommen haben, geht es bei Sonnenschein los. Wir starten entlang des Urho Kekkonen Nationalparks.

Ein komisches Gefühl- nur wir zwei. Irgendwie fehlt etwas. Irgendwie ist es einsam. Irgendwie bin ich auch etwas traurig. Es war doch eigentlich ganz lustig zu dritt- abgesehen von den kleinen schwesterlichen Streitereien- irgendeine von uns weiß es schließlich immer besser! Aber Julia ist immer begeisterungsfähig, mit dabei und grummelt nicht. Das kann ich in jedem Fall besser, das Grummeln. Und sie hat uns oft was Gutes gekocht... die Küche wird jetzt wieder einfacher ausfallen. Als ich so darüber nachdenke, warum mir der Abschied doch so schwer fällt obwohl wir doch schon fast 6000km nur zu zweit geradelt sind und es genossen haben, da hören wir ein Flugzeuggeräusch. Es ist eindeutig das Flugzeug mit Julia und Harald. Wir winken, auch wenn uns ziemlich sicher niemand sieht. Jetzt sind wir wieder allein- wie es Martin heute noch öfter sagen wird. Wir biegen von einer Forststrasse auf einen Schneemobilweg ein. Dieser schlängelt sich idyllisch durch den Wald vorbei an rot gefärbten Heidelbeerflächen.

Schon bald allerdings verläuft der Weg im Sumpf... wohl doch nur im Winter fahrbar- da ist natürlich alles gefroren. Wir drehen um. Eine Schlammwatschlerei können wir gar nicht gebrauchen. So bleibt uns nur der Weg über die stärker frequentierte E75 in Richtung Rovaniemi. Es geht gut voran- wir haben Rückenwind. Herbstlich gelblich-grün, gelblich-rot gefärbte Birken säumen den Straßenrand.

Häufig begegnen wir auch wieder Rentieren. In Tankavarra, nach knappen 40km, kehren wir in ein Café ein und wärmen uns auf. Es ist deutlich kühler geworden. Nach einer kurzen Pause geht es weiter bis nach Vuotso. Hier überlegen wir kurz, ob wir für heute Schluss machen sollten- es gibt ein kleines Bed&Breakfast hier. Aber eigentlich geht es gut und es ist noch früh- es wäre schade den Nachmittag  und das gute Wetter nicht zu nützen. So gehen wir in dem kleinen Supermarkt nochmals kurz einkaufen, warten einen kurzen Regenschauer ab und begeben uns dann wieder weiter auf der E75.

Nach 72km erreichen wir einen Campingplatz inklusive Café und Souvenirladen. Eigentlich wollen wir uns eine Hütte nehmen da es in der Nacht regnen soll, aber die sind leider alle ausgebucht. Vor 3km gab es ebenfalls ein Café und die Hütten daneben sahen sehr nach Vermietung aus. Wir waren so wiff, dass wir im Internet nach der Telefonnummer suchten und dort nachfragten, ob es tatsächlich Hütten zu mieten gab. Fehlanzeige. Na gut, dann nahmen wir halt einen Zeltplatz. Kaum als wir das Zelt aufgestellt hatten, fing es auch schon an zu regnen und wir verkrümelten uns in die Küche, kochten Tee und Risipisi. Von jetzt an ist Schluss mit Julias Kochkünsten- die werden uns fehlen! Martin und ich stellen fest, dass es uns wie eine Ewigkeit vorkommt als wir Julia in Tromsø vom Flughafen abholten. Wir hatten beide das Gefühl, als ob wir viel länger als 5 bzw 6 Wochen zu dritt unterwegs waren. Und das obwohl wir davor eigentlich viel viel länger alleine radelten. Komisch. Wir verkrochen uns in unsere Schlafsäcke. Im Zelt war auf einmal ziemlich viel Platz.

14.9.2019
Um 6:00 musste ich mal aufs Klo- die Sonne schien bereits. Fürs Aufstehen ist es aber viel zu früh. Als ich wieder aufwachte, war es 9:15. Jetzt aber los!

Nach Frühstück und Zusammenpacken war es 11:45 als wir endlich bereit waren los zu fahren. Doch zuerst musste ich wieder Luft im Hinterreifen nachpumpen- vielleicht sollte ich doch einmal den Schlauch auswechseln; aber nicht jetzt. Wir fuhren 400m auf der E75 zurück um auf eine Forststraße nach Lokka einzubiegen.

Die Umfahrungsmöglichkeiten der E75 sind limitiert und so nehmen wir einen etwas größeren Umweg nach Osten in Kauf um dem Verkehr  zu entkommen. Bei Sonnenschein radeln wir die 48km nach Lokka und genießen weiterhin die herbstliche Landschaft.

In Lokka angekommen fahren wir zu einem Café das es laut unserer Karte hier geben soll. Das Haus finden wir- sieht aber ziemlich geschlossen aus. Als wir so fragend dort stehen, fährt ein schwarzer Kleintransporter vorbei. Offensichtlich machen wir einen verlorenen Eindruck und der Fahrer manövriert sein Fahrzeug über die Wiese zu uns. Wohin wir wollen? Naja, wir dachten hier gibt es ein Café. Nein, das ist geschlossen. Wohin wir jetzt weiterradln? Wissen wir noch nicht, eigentlich suchen wir einen Platz zum Übernachten. Auf der Hauptstraße ein kurzes Stück zurück, da gibt es ein Lavvu am See, dort könnten wir übernachten. Stimmt, das hatten wir beim Herfahren schon gesehen. Sehr nett von dem Herren uns weiter zu helfen. Wir fahren also zurück zu dem Lavvu und genießen auf dem Weg die Aussicht auf den Luiro in der Abendsonne.

Neben dem Lavvu, das nur halbüberdacht ist, stellen wir unser Zelt auf. Während ich Schlafsack aufflausche und Isomatten aufblase, macht Martin ein Feuerchen. Es ist praktisch hier, dass es bei den Lavvus immer Feuerholz für die Feuerstelle gibt. Wir grillen uns einen Mini-Grillkäse, kochen Tee und wärmen uns am Feuer auf.

Am späteren Abend kommt auch noch ein finnisches Pärchen dazu und setzt sich zu uns ans Feuer um Würstel zu grillen. Wir plaudern sehr nett. Während die zwei in ihren Campingbus verschwinden, warten wir noch ob sich vielleicht das Nordlicht zeigt. Es ist für heute eine klare Nacht prognostiziert. Noch ist es nicht ganz finster- am Horizont ist noch rötliche Dämmerung zu sehen.

Da taucht es auf einmal auf das Nordlicht.

Nicht sehr intensiv aber deutlich und mit der Dämmerung im Hintergrund sieht es wirklich toll aus. Eine schöne Farbkombination aus orange, blau und grün.

Das wars aber schon für heute und gegen Mitternacht kuscheln wir uns in die Schlafsäcke.

15.9.2019
Heute stehen wir schon um 8:00 auf. Wir wollen es früher als gestern schaffen los zu radln. Es war deutlich kälter in der Nacht- am Strand war Raureif zu sehen.

Nach dem Frühstück in der Sonne, die mich dennoch nicht aufwärmen konnte, packten wir zusammen.

Ich gab es heute auf das Zelt innen und außen trocknen zu wollen und so wurde es nass verpackt. Um 10:45 waren wir startklar. Wieder bei Sonnenschein aber kühlem Ostwind fuhren wir in Richtung Tanhua auf der 976er.

Es war sehr wenig Verkehr und durch die typische Landschaft Lapplands kamen wir nach relativ kurzer Zeit in dem 40km entfernten Tanhua an. Der Supermarkt hatte hier sonntags geschlossen- das wussten wir da ich das zuvor schon recherchiert hatte. Café war auch keines in Sicht. Nach einer kurzen Verpflegungspause auf einer riesigen Schaukel fuhren wir weiter in Richtung Savukoski.

Dorthin waren es noch 43km. Das wird sich heute wohl nicht ausgehen, aber dort gäbe es einen Supermarkt der heute offen wäre. Wir haben zwar noch genug zum Essen, aber das ein oder andere wäre ganz nett nachzukaufen- wie Schokolade zum Beispiel. Auf den nächsten 20km ging es rauf und runter- wir hatten das Gefühl uns quer zu dem Landschaftsverlauf zu bewegen. So war es auch. Aber es ging trotz Gegenwind ganz gut. Und als wir auf einer T-Kreuzung wieder südwärts abbogen, waren es plötzlich nur noch 12km bis nach Savukoski. Wir folgtem dem Fluss Kemjoki und somit bewegten wir uns gefühlsmäßig wieder etwas harmonischer mit der Landschaft und etwas sanfter hügelauf und hügelab. Um 17:00 machten wir auch einen Campingplatz ausfindig, der aber sehr geschlossen aussah. Leider war alles auf Finnisch angeschrieben. Hier scheinen nicht so viele ausländische Touris vorbeizukommen- das gefällt uns. Wir bekamen immerhin so viel mit, dass man hier offensichtlich im Hotel 400m weiter nachfragen sollte. Dort angekommen, entschlossen wir uns ein warmes Zimmer zu nehmen. Es war noch eines frei. Und da wir so brav 84km geradelt sind, gönnten wir uns im Hotelrestaurant ein Rentierkebap.

Nachdem unser Zimmer in dem Haupthaus am Campingplatz beheimatet war, also 400m entfernt, bekamen wir unser Frühstück fein säuberlich in einem Körbchen mit.

Und so ließen wir den Abend nach einer heißen Dusche in einem schönen und sehr gemütlichen Zimmer in einem typischen Blockhaus ausklingen. Sogar das Nordlicht huschte noch kurz vorbei um gute Nacht zu sagen.

16.9.2019
Nach dem Frühstück aus dem Körbchen hatte es zu regnen aufgehört. Perfektes Timing. Wir fuhren also bei Bewölkung und Temperaturen unter 10°C zum Supermarkt im Ort und kauften Nachschub für eine weitere Nacht im Irgendwo. Der nächste größere Ort mit Infrastruktur- Salla- ist 83km entfernt- das wird uns heute vielleicht zu weit sein. Die Landschaft änderte sich kaum auf der sehr ruhigen 895er. Sanftes Hügelauf und Hügelab durch vorwiegend Föhrenwälder mit Birken, die wie Farbkleckse aussehen, begleitete uns südostwärts.

Seit Savukovski lieferten wir uns eine "Überholungsfahrt" mit einem Auto der finnischen Post "Posti". Mit unseren 17km/h Durchschnittsgeschwindigkeit machten wir immerhin die zahlreichen Auslieferungsstops der Postlerin wieder gut und so war das orange gepunkterlte Auto für knappe 64km eine immer wiederkehrende Begleitung. Erst an einer T-Kreuzung, und damit dem Ende der 895er, verloren wir unser "Pacecar". An diesem Punkt waren es nur etwa 3km bis zur russischen Grenze und 20km nach Salla- die radeln wir auch noch. Ausserderm war es gerade einmal 16:00 und wir haben ja sonst nichts zu tun. Wir bogen auf die 82er in südwestliche Richtung ab und befinden uns nun auf der "Via Karelia", wie uns ein Straßenschild verrät.

Hier spüren wir auch wieder deutlich mehr Autoverkehr. In einem Prospekt heute morgen haben wir gelesen, dass das Gebiet zwischen Savukoski und Salla das am dünnsten besiedelte Europas ist, mit einer größeren Rentierpopulation als Einwohnern. Ja, das können wir bestätigen. Es blieb trocken, hin und wieder war sogar ein minimales blaues Loch zu sehen oder Sonne war durch die Wolkendecke zu erahnen. Das machte es nicht ganz so grau. Hin und wieder kamen wir an Feldern vorbei und seit langem sahen wir wieder die ersten Kühe und Schafe. In Salla angekommen, gingen wir in den Supermarkt und besorgten uns eine Kleinigkeit zu essen. Gestern hatte ich in Salla Mökkis zur Vermietung ausfindig gemacht. Was ich übersehen hatte: die Adresse war mit Salla angegeben, aber der Standort war 10km weiter in Sallatunturi. Auch schon egal bei Aussicht auf eine warme Unterkunft- es soll in den Nächten dieser Woche bis zu -3°C bekommen, da habe ich keine Lust auf zelten wenn es nicht unbedingt sein muss. Ich rief aber schlauerweise noch bei der Vermietung an und fragte nach, ob es noch Mökkis zu mieten gab. Ja, gibt es und wir würden 25min radeln wenn wir "reintreten" oder 40min wenn wir es "genießen". Keine Ahnung wie lange wir schlußendlich brauchten. Der Weg entpuppte sich als durchgängiger Radweg, was sehr angenehm war.

Wir fanden den Vermietungsstandort und der Rezeptionist erkannte uns- wir wären schnell gewesen, meinte er. Wir bekamen unser Mökki und mieteten uns gleich für zwei Nächte ein- vielleicht drei, wir werden sehen. So haben wir Zeit den Blog in Ruhe zu erstellen und uns nach zwei langen Etappen auszuruhen. Außerdem müssen wir unsere Route etwas umplanen, da wir uns dazu entschlossen haben, Finnland etwas weiter östlich als ursprünglich geplant zu durchradeln. Wir bekamen diesen Tipp, da sich hier der Straßenverkehr in Grenzen halten sollte. Außerdem sollen wir unbedingt in Nord- und Südkarelien vorbeischauen. Wir sind flexibel, sofern das Wetter mitspielt, und genau diese Tipps machen unsere Tour interessant. Heute schafften wir immerhin 94km. Bewölkt ist es auch und so können wir mit gutem Gewissen schlafen gehen.

17.9.2019
Geradelt sind wir an diesem Tag erholsame 21km- bis zum Supermarkt in Salla und zurück. In Salla haben wir gleich auch noch etwas gelernt. Die mehrreihigen Felsbrockenfelder, die uns immer wieder am Straßenrand aufgefallen sind seit wir Lokka verlassen hatten, sind Überreste der Panzersperre aus den Jahren 1940/1941- der sogenannten Salpalinja. Diese wurde von Finnland als Schutz gegen Kriegsgefahren aus dem Osten errichtet.

Wir trocknen unser nasses Zelt und genehmigen uns ein typisch lokales Essen im Restaurant: Martin nimmt den Rentierburger;

ich gegrillten Saibling und als Nachspeise den berühmten Leipäjuusto (Brotkäse) mit Moltebeerensoße.

Pappsatt hoffen wir auf Nordlichter... die Prognose sieht eher mies aus- aber erfahrungsgemäß heißt das nix. Diesmal sollte sie aber Recht behalten. Nur sehr zartes Grün war heute am Himmel zu sehen.

Gesamtkilometerstand: 7526km

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