27- DER SONNE ENTGEGEN
7.6.2019, katrin[at]lightriders[dot]info, martin[at]lightriders[dot]info
Unsere Route

Stugudalen und Thor Heyerdahls Schreibwerkstätte zu seiner Kontiki-Expedition verließen wir am 2.6. entlang des Sees Stuggusjøen und folgten dann den Flüssen Tya und Nea.

Auf diesem Abschnitt überquerten wir den 63. Breitengrad unserer Reise.

Die Temperaturen sind noch immer frisch, aber schon etwas wärmer als gestern. Tendenziell ging unsere Fahrt bergab- beide Flüsse begleiteten wir jeweils stromab. Das kam schon lange nicht mehr vor, schützt aber dennoch nicht vor einer Hügelauf-Hügelabfahrt. Als wir von der Hauptstrasse 9 auf einen Forstweg abbogen dauerte es nicht lange und da kam uns ein Pärchen mit ihrem Hund entgegen. Sie wollten wissen woher wir kamen und wohin wir heute noch wollten und musterten unsere Fahrräder. Dann wiesen sie uns darauf hin, dass der Weg für ein kurzes Stück sehr schlecht wäre aber es ginge da es eben nur ein kurzes Stück wäre. Warum wir denn nicht auf der Straße fahren würden, fragten sie uns- ja wir wollen mehr Natur und weniger Autos. Das schien ihnen einleuchtend. Zuerst schmunzelten wir noch, dass der Weg doch eh super sei und wir schon schlechtere Wege gefahren wären. Aber schon bald wussten wir was sie meinten...

Für ca 50m wurde der Weg anscheinend von einem Ungetüm-Traktor durchpflügt sodass tiefe Gatschlöcher entstanden waren. Da half nur schieben. Danach ging es wieder gut weiter entlang des Flusses.

Extrahöhenmeter sammelten wir auf der nächsten Umfahrung der Hauptstrasse die uns 100 Höhenmeter über den Fluss leitet und uns damit einen tollen Ausblick bescherte.

Mittlerweile kam auch die Sonne heraus und die Temperaturen lagen deutlich über jenen der letzten Tage. Weiter ging es auf einem ausgeschilderten Radweg. Hier dürften allerdings nicht recht viele RadlerInnen unterwegs sein.

Das Neadal fuhren wir bis Selbu wo wir für diesen Tag auf einem Campingplatz in einer Hütte Schluss machten. Als Ausgleich gingen wir dann noch zu Fuß ins Ortszentrum auf eine Pizza.
Am nächsten Morgen regnete es zur Abwechslung wieder einmal und so beschloss ich mich nach dem Frühstück noch einmal aufs Ohr zu hauen. Wir hatten keine Lust schon wieder im Regengewand zu starten. Und so warteten wir ab und nutzten die erste Regenpause um im Ort Selbu noch im Supermarkt einzukaufen. Da mir bei dem Einschlichten der neu erworbenen Nahrungsmittel gleich eine Schnalle von meiner Rucksack-Festschnall-Konstruktion abbrach, organiserte ich mir im Sportgeschäft daneben Ersatz und montierte diese. Wir kamen demenstprechend spät weg- so gegen 13:15 Uhr. Da es mittlerweile ja sowieso nicht mehr finster wird, spielt das ja keine Rolle. Positiv an der Verzögerung war jedenfalls, dass wir anhand der beim Sportgeschäft ausgehängten Radwegekarte eine neue Umfahrungsmöglichkeit der Hauptstrasse 9 ausfindig machten. Dies brachte uns zwar wieder ein paar Höhenmeter hinauf, aber dafür eine schönere Landschaft und keine Autos.

Bergauf, bergab ging es auf Neben- und Forststrassen weiter und vorbei an grünen Futterwiesen nach Hegra.

Mittlerweile war es spürbar wärmer geworden. Endlich. Ein warmer Wind wehte und ließ schon ein bisschen Sommergefühl aufkommen. Beim Supermarkt in Hegra machten wir Pause und entschieden noch weiter zu fahren. Der Plan war nach ca 12km an einem Rastplatz am Ausetvatnet See unser Zelt aufzuschlagen. Es ging nochmal ordentlich bergauf und bergab bis wir den Platz erreichten. Dieser war auch wunderschön mit Holztischen und Holzbänken, einer Grillstelle und sogar einem Blumenkistl direkt am See- allerdings war hier kein Platz mehr für unser Zelt. Das hieß also weiter fahren. Nirgendwo war es geeignet. Entweder war es sumpfig, steil oder jemand hatte schon eine Hütte hingestellt. Vor dem nächsten Anstieg bot sich eine große Grünfläche an zu zelten. Da in Sichtweite ein Bauernhof war, beschloss ich sicherheitshalber nachzufragen ob wir denn hier unser Zelt aufstellen dürfen. Das kann ja nichts schaden. Gesagt, getan läutete ich an der Tür und erklärte dem Besitzer dass wir gerne wissen würden, ob wir hier in der Umgebung unser Zelt aufstellen dürften. Der Hausherr empfahl uns den Rastplatz von vorhin, da es dort schön sei. Ich meinte, ja es ist schön, von dort kommen wir, aber dort ist leider kein Platz für unser Zelt. Und so ließ er uns ca 200m entfernt von seinem Haus auf der Wiese am Wasser unser Zelt aufstellen.

Zur Feier des Tages gab es heute selbstgemachte Fischburger mit den hier typischen Fiskekaker und Polarbrød zum Abendessen. Das Zelten macht auch wieder Spaß- die Temperaturen liegen im  deutlichpositiven Bereich. Gewöhnungsbedürftig ist die Helligkeit in der Nacht. Auch die Vögel scheint das munter zu halten.
Am 4.6. bin ich bereits um 7:00 munter geworden, weil es zu warm im Zelt war- ja wirklich zu warm! Das freute mich und draußen konnte man ohne 5 Schichten anzuhaben frühstücken. So lässt es sich zelten! Nachdem wir alles zusammengepackt hatten, ging es bei Sonnenschein und warmen Temperaturen (kurze Hosen!) gleich einmal bergauf und dann das übliche Spiel- ein bisserl hinauf und ein bisserl hinunter- weiter. Ein Streckenabschnit führte uns zu einem schon länger nicht mehr benützen Traktorweg. Der Weg war eindeutig erkennbar und so entschieden wir es zu riskieren. Das war ein Griff ins Klo...

Naja, kann passieren. Sonst ging es an diesem Tag vorwiegend auf Forststrassen durch Wälder, vorbei an Seen immer bergerlauf und bergerlab. So kann man auch ein paar Höhenmeter machen. Zweimal überrollte uns ein 30minütiger Regenschauer den wir beide Male unter dem Regenschirm ausstanden- Wir hatten keine Lust das Regengewand auszupacken. Und dann, so cirka 10km vor unserem heutigen Ziel, sahen wir nach genau einem Monat das Meer wieder.

Am 5.5. verließen wir das Meer beim Leuchtturm von Lindesnes und am 4.6. trafen wir kurz vor Verdal wieder darauf. Hier gab es nach Abwägung der Kosten-Nutzen-Aufwand-Rechnung ein kuscheliges Hüttchen für 2 am Camingplatz. Noch bevor der Regen einsetzte, machten wir einen Schnellspaziergang zum Supermarkt um uns ein gutes Frühstück für den nächsten Morgen zu besorgen. Und während es draußen regnete, machten wir es uns in unserem Hüttli gemütlich.
Am nächsten Morgen stärkten wir uns mit Gudbrandsdalsost- auch Brunost oder Braunkäse genannt. Besser gesagt ich stärkte mich damit. Martin zog dem Käse einen Shrimpssalat vor. Der Brunost ist eine Spezialität und ist, wie der Name schon sagt, ein Käse von brauner Farbe. Sieht nicht sehr velockend aus und deshalb habe ich ihn bisher auf unseren Norwegenurlauben noch nie gekauft. Aber ich bin auf den Geschmack gekommen. Es ist ein süßlich-karamellähnlich schmeckender Käse der gerne mit Konfitüre von roten Früchten kombiniert wird. Die Farbe und der Geschmack kommen von der Zubereitung. Da die Molke eingekocht wird, karamellisiert der Milchzucker. Nach dem Frühstück brachten wir in der Hütte, wie es sich gehört, wieder alles in Ordnung und unterhielten uns mit der brasilianischen Putzfee auf norwegisch-englisch- portugiesisch um Instruktionen zur Müllentsorgung einzuholen. Bei bewölktem Himmel aber angenehmen Temperaturen starteten wir dann unsere heutige Etappe. Nachdem wir Verdal verlassen hatten, ging es gleich mal wieder knackig bergauf. Während wir angestrengt hinauf strampelten redete uns ein Mann aus einem Garten umringt von einer Schar von Kindern an- schien ein Kindergarten oder ähnliches gewesen zu sein. Nachdem ich mehrmals nachfragte was er wissen wollte- gleichzeitiges Versuchen norwegisch zu verstehen und sich aufs Raufradeln  konzentrieren funktioniert nicht so ganz- ging er ins Englische über. Er wollte wissen wo wir denn hinwollten; ich meinte natürlich ans Nordkapp- "Puhh" das war seine Antwort- ich fügte dem hinzu "aber nicht heute!". Danach ging es durch den Wald vorbei an Schafen.

Zur Abwechslung probierten wir auch wieder einmal einen- laut Open AndroidMap eingezeichneten Wanderweg und laut unseren genauen MrSID Karten einen Traktorweg aus. MrSID sollte Recht behalten und der Weg war zu 90% fahrbar- bis auf ein kurzes Stückerl Sumpfgewatschel. Auf diesem Streckenabschnitt überholte uns ein Fischer und meinte "tung"- "schwer" ja das war es...aber nicht so schlecht meinte ich- es war ja nur ein kurzes Stück. Und es lohnte sich.

Heute begleitete uns ein leichter Nieselregen bis kurz vor Steinkjer- dort hatten wir ihn endlich abgehängt laugh. Bei der Einfahrt in die Stadt überschritten wir auch gleich noch den 64.Breitengrad und die Sonne kam langsam heraus.

Wir radeln sozusagen nicht nur wettermäßig der Sonne entgegen. Der Polarkreis ist in Reichweite! ...und momentan auch jener Bereich der Erde an dem die Sonne nicht mehr untergeht da die Erdachse zu dieser Jahreszeit der Sonne zugeneigt ist. Martin hat dazu eine Skizze gemacht:

Unser erster Weg in Steinkjer führte uns natürlich in ein Kaffeehaus zum Energietanken. Wir erledigten noch Einkäufe für das Abendessen bevor wir uns weiter auf die Insel Kalvøya machten, wo wir campieren wollten. Die Ausfahrt aus der Stadt war nicht so einfach zu finden, da wir die Hauptstrasse meiden wollten. Es dauerte ein paar Versuche und Runden  bis wir unseren Weg durch das Industriegebiet gefunden hatten.

So konnten wir uns auch auf den Weg nach Kalvøya machen.

Auf der Insel angekommen stach uns sofort ein "Campieren verboten" Schild unter dem Parkplatzschild ins Auge. Nach einer Denkpause meinte ich, ich würde das so verstehen, dass am Parkplatz das Campieren verboten sei, nicht aber auf der Insel generell und somit folgten wir dem Forstweg und fanden doch tatsächlich ein lauschiges Plätzchen mit Meeresblick für die Nacht.

Ja hier hat man momentan auch in der Nacht Meeresblick- als ich um 2:00Uhr mal raus musste sah es nicht wesentlich anders aus als vor 4 Stunden.

Die Sonne weckte uns am Morgen des 6.6. Kaum zu glauben, aber wir wachten doch tatsächlich deshalb auf weil es im Zelt zu heiß wurde.... und das um 7:00. Bei strahlend blauem Himmel kümmerte sich Martin um das Frühstück und die Wäscheleine zum Lüften der Schlafsäcke und ich ums Zusammenpacken der Isomatten, der gelüfteten Schlafsäcke und alles was sich so im Zelt befand. Nach 2 Stunden waren wir abfahrtsbereit. Martin ist zum ersten Mal überhaupt mit kurzen Ärmeln gestartet!

Unser erster Stopp war in Vellamelen in 14km geplant. Dort gab es einen Supermarkt und auf unserer Fahrt bekamen wir langsam wieder Hunger. Leider war die Zufahrtstraße gesperrt und wir mussten mit knurrendem Magen noch einen 2,5km langen Umweg in Kauf nehmen. Es hat sich ausgezahlt, denn schon bei der Ortseinfahrt prangte ein "Kaffeehaus in 700m" Schild. Dort bogen wir natürlich gleich ab und konnten heute in der Sonne einen Imbiss und natürlich Kanelsnurrer und Suksesstorte genießen. Wir studierten die Route für die nächsten Tage und beschlossen statt im Landesinneren doch die Küstenroute zu fahren. In beiden Fällen war viel Strasse zu fahren, und der Ryksvei 17  schien uns sympathischer als die E6. Abgesehen davon soll der Kystryksveien landschaftlich sehr schön sein. Nachdem wir noch mit der Bewirterin geplaudert hatten was wir so vorhaben und sie uns ein God tur wünschte, ging es weiter in den Supermarkt. Dort kauften wir wieder für Fischburger heute Abend ein. Beim Bezahlen wurden wir auch von der Kassiererin gefragt ob wir denn eine lange Tour machen würden. Und nachdem wir erzählten woher wir kamen und wohin wir wollten bot sie uns gleich eine Tasse Kaffee an. Da wir diesen schon zuvor im Café gegenüber getrunken hatten, lehnten wir dankend ab. Wir verstauten unseren Einkauf in unseren Taschen, wissentlich dass wir gleich ein paar hundert Höhenmeter zu absolvieren hatten. Ein paar Kilo mehr machen das Kraut auch nicht fett..... Natürlich hätten wir auch den Ryksveien 17 auf Asphalt rollen können, aber das wollten wir nicht- werden wir ja schon bald zur Genüge tun und von der Baustelle der Zufahrtsatrasse rollten die LKWs im Minutentakt vorbei. Und so schlugen wir unsere Fahrt in Richtung Bogn Fritidsomrade ein, ein Naturerholungsgebiet mit einigen Seen. Da sich dieses Gebiet ca 400m über dem Meer befindet und wir hier in Vellamelen auf Meereseniveau sind, blinzelte uns schon von Weitem die Schotterstraße entgegen die wir gleich hinaufradeln würden.... beruhigend fand ich das nicht gerade. Die Steigung begann zwar gemächlich and angenehm, ....

wurde aber zunehmends steiler. Ein Autofahrer zollte unserer Anstrengung Beifall, wartete bis wir vorbeifuhren und deutet uns Daumen hoch. Das motivierte mich für die kommenden steilen 300Höhenmeter. Die StraßenbauerInnen haben sich hier etwas Besonderes einfallen lassen. Jede zweite Kurve sah von unten aus als ob sie die letzte steile wäre- aber sobald man bei der Kurve ankam, sah man das es so weiterging. Aber wir schafften sie Alle ohne größere Schwierigkeiten.

Von nun an ging es tendenziell bergab vorbei an Seen, durch den Wald. Durch Zufall sahen wir einen großzügigen Rastplatz an einem See wo das Campieren offiziell erlaubt war. Ein glücklicher Zufall und sicherlich kommt heute hier niemand mehr vorbei- dachten wir uns. So beschlossen wir für heute Schluss zu machen und stellten unser Zelt auf.

Tja, anscheinend war der Platz ein beliebtes Abendziel und der von uns eingestufte Geheimtipp erübrigte sich spätestens dann als das 10. Familienauto hier ankam.

Es ist an diesem Tag sogar so warm, dass wir noch abends den Schatten bevorzugten. Und nachdem wir heute unsere undichte Naht mit unserem Nahtimprägnierer eingepinselt hatten, warteten wir, dass es etwas kühler wurde um unsere Fischburger zuzubereiten. Nachdem sich auch der Menschenauflauf aufgelöst hatte, und auch einige Wolken Schatten spendeten, grillten wir unsere Fischburger- diesmal gepimpt mit Ketchup!

Wir sahen auch schon eine Wolkenfront auf uns zuziehen. Regen war eigentlich nicht angesagt, es sah aber ganz danach aus. Nach einem kurzen Bad im See zwecks Schweißentfernung und Verstauung unserer 7 Sachen im Zelt, fing es auch schon zu tröpfeln an. Kurz darauf brach ein richtiger Sommergewitterregen los. Das Gewitter war schnell vorüber und für dieses Mal war das Vorzelt auch dicht- weitere Erfahrungswerte zu der Nahtabdichtung  werden sicherlich noch gesammelt werden. Da es schon spät war hieß es gute Nacht.
Wieder weckte uns der Sonnenschein und die Wärme im Zelt gegen 6:30Uhr. Nach der üblichen Prozedur ging es an diesem Tag, dem 7.6.,weiter durch das Naturgebiet Bogn durch den Wald.

Es ging in Richtung Namsos. Erste Anlaufstelle...richtig...ein Kaffeehaus für einen Mittagsimbiss. Wir beschlossen uns ein Hotelzimmer zu organisieren- Dusche und Wäsche waschen wäre wieder fällig. Der Rezeptionist des Hotels war äusserst bemüht und hilfsbereit und obwohl die hauseigenen Wäscherei eigentlich keine Wäsche mehr annimmt, hat er das für uns doch noch möglich gemacht. Auch für unsere Räder gab es einen abgesperrten, trockenen Raum für diese Nacht. Höchst zufrieden genießen wir den restlichen Tag hier in Namsos, wo anscheinend einige norwegische Rockgruppen herkommen. Wir befinden uns sozusagen in der norwegischen City of Rock and Roll. Auch unser Hotel hat sich das zum Thema gemacht- ganz nach Martins Geschmack.

Von hier aus möchten wir nun dem Kystryksveien nach Bodo folgen. Wir freuen uns auf die bevorstehende landdschaftliche Veränderung und hoffen auf wenig Straßenverkehr.

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